Grabung 2008 (Innenbereich am westlichen Tor)
Ende März wurde mit der Untersuchung des 2000 m2 großen Nordteils der bereits 2007 geöffneten und mit einem Sondenabstand von 12,5 cm auf dem Baggerplanum geomagnetisch prospektierten Grabungsfläche begonnen. Bereits nach Anlage des ersten Planums zeigte sich, dass mit dieser Methode zusammenhängende Strukturen sehr exakt erfasst werden konnten. Dies trifft insbesondere auf den ost-west verlaufenden Wassergraben einschließlich der Überreste des ursprünglich hölzernen Unterbaus der Straße zu sowie auf die beiden nebeneinanderliegenden, 8,5 x 16,2 und 7,7 x 16,5 m großen, nach Süden offenen Bauten (Gebäude 24 a und 24 b) nördlich der Straße.
Gleichzeitig gibt es im Osten, Norden und Westen Spuren weiterer Gebäudeteile, von denen bisher nur Einzelpfosten erfasst wurden und die in der Geomagnetik nicht erkannt wurden. Größe, Ausdehnung und Zusammenhang dieser Bebauungsspuren mit dem zentralen Baukomplex werden derzeit untersucht.
Grabung 2009 (Brunnengrabung)
Unterhalb des Brunnenkasten in einem römischen Weinfass finden die Grabungsleiter Dr. Gabriele Rasbach und Dr. Armin Becker den vergoldeten, bronzenen Kopf eines Pferdes. Dies ist das bisher größte Fundstück des Reiterstandbildes, das auf dem Innenhof des Forums stand. Wenige Tage zuvor trat zwischen Brunnenkasten und Fass ein Fuß des Reiters zutage.
Der filigran gearbeitete Pferdekopf ist wegen seiner Einmaligkeit auf einer Stufe mit der Himmelsscheibe von Nebra und dem Keltenfürsten vom Glauberg zu sehen. Die Restaurierung des Kopfes dauert voraussichtlich zwei Jahre.
Glasfunde
Der Bestand an Glasfunden hat sich 1996 und 1997 durch einige ausgefallene Stücke vermehrt: Zu nennen sind ein Fragment einer mehrfarbigen Glasmosaikschale, eine Glasgemme, eine Scherbe eines blauen Balsamariums, diverse Spielsteine und vier Glasperlen. Drei Perlen sind in Machart und Farbgebung sehr ähnlich; auf die jeweils dunkle Matrix sind weiße oder gelbe Glasfäden aufgelegt. Außerdem zeichnen sich diese Perlen durch Einkerbungen an den Seitenflächen aus, die an Melonenperlen erinnern. Eine Besonderheit ist die vierte Perle: Es handelt sich um eine rund 1,5 cm große Mosaikglasperle, für die bisher keine direkten Vergleichsstücke bekannt sind. In die hellblaue opake Matrix der Perle sind drei Bilder des ägyptischen Stiergottes Apis eingelegt, die durch drei einfarbige hellgrün-opake Glasplättchen getrennt sind. Die Apis-Bilder haben eine Größe von etwa 0,9×0,7 cm und sind teilweise Herstellungsbedingt etwas verzogen. Der schwarz- weiß-gefleckte Stier steht in einem gelben Rahmen vor hellblauem Hintergrund, eine Darstellungsweise, die an einen Schrein erinnert. Apis trägt die Sonnenscheibe zwischen den Hörnern. Vor ihm steht ein kleines Räuchergefäß oder ein kleiner Altar, auf dem ein Opfer verbrannt wird. Insgesamt ist die Perle ausgezeichnet erhalten. Sie stammt aus der jüngsten Verfüllschicht des Ost-West-verlaufenden Wassergrabens zutage.
Von einer anderen Stelle desselben Befundes stammt eine Gemme aus mehrschichtigem Glas mit einer Niobiden-Darstellung. Die Grundfarbe der Glasgemme ist ein transluzides Hellblau, das im Wechsel mit opaken weißen und gelben Glasschichten die Gemme dunkelblau und grün erscheinen lässt. Das auf der Gemme dargestellte Bildschema zeigt, nach der Interpretation von G. Hafner, die Niobide Chloris, die einen ihrer toten Brüder in den Armen hält.
 
Scheibenfibel
Eine weitere Besonderheit ist eine völlig unversehrte silberne Scheibenfibel mit Scharnierkonstruktion. Auf die silberne Grundscheibe von etwa 3 cm Durchmesser ist, gehalten durch einen Mittelniet, eine filigrane Silberblecharbeit in Form von acht sich aufwölbenden Lotusblättern aufgesetzt. Der Niet wird auf der Schauseite überdeckt von einem roten Stein, vermutlich Bernstein. Die Lotusblätter sind mit dreieckigen blauen und grünen Glaseinlagen geschmückt. Eine Scheibenfibel dieser Form, Qualität und Zeitstellung ist bisher im hunderte von Stücken zählenden Fundbestand der frühen Kaiserzeit etwas Einmaliges.
Anhänger
Ebenfalls ein ungewöhnliches Fundstück ist ein 1,8 cm großer Anhänger aus Silber. Er ist aus einem Stück gearbeitet und hat eine langgestreckt pyramidale Form mit glatten Seitenflächen und einer durch eine kleine Waagerechte Querplatte abgesetzten Öse. Die Öse ist auf der Außenseite durch einfache, teils nur noch schwach erkennbare, quer zur Öse verlaufende Punzeinschläge verziert.
Glasperle
Ein weiteres außergewöhnliches Fundensemble wurde aus einer Grube geborgen, in die, wie die Bodenverfärbungen zeigten, ein Fass eingelassen war. Zwischen Grubenwand und Fass lagen drei Perlen: eine ringförmige Bernsteinperle, eine profilierte, ringförmige aus Bronze und eine dunkelblaue Glasperle, die mit aufgelegten Goldblechstreifen verziert ist. In dem durch die Goldstreifen gebildeten Gitter befinden sich Kreisaugen. Bei genauer Betrachtung der Glasperle sind rund um die Lochung sowie im inneren des Fadenlochs Streifen verschiedener Farbe zu erkennen. Die dunkelblaue Glasmasse wurde also auf ein nasses Stäbchen aus weißen und blauen Glasstreifen aufgewickelt, wobei das Wasser während dieses Arbeitsganges verdunstete und zu dieser Glasveränderung führte. Danach wurden in die noch weiche Glasmasse Streifen aus Goldblech eingedrückt, was sehr gut an Stellen zu erkennen ist, wo das Goldblech ausgefallen ist.
Münzfunde
Die Datierung der Siedlung basiert auf den Bronzemünzen, unter denen Asse der wohl zwischen 7 und 3 v. Chr. geprägten 1. Altarserie von Lugdunum-Lyon mit einem Anteil von 70 % deutlich überwiegen. Das Ende von Waldgirmes wird durch Münzen mit dem Gegenstempel des Publius Quinctilius Varus markiert und ist mit dem Schlachtfeld von Kalkriese und der Aufgabe von Haltern als gleichzeitig anzusehen. Gegenwärtig erscheint das Datum 9 n. Chr. nach wie vor als der wahrscheinlichste Zeitpunkt. Die Gründung von Waldgirmes dürfte auf Grund des geringeren Anteils der älteren Nemaususprägungen unter den Fundmünzen etwas später als Haltern erfolgt sein. Die Aussagen zum Siedlungsbeginn können jedoch seit 2005 durch dendrochronologische Daten präzisiert werden (siehe Wasserversorgung).
 
Copyright der Grabungs- und Fundbilder: RGK